Irrtümer im Erbrecht – So vermeiden Sie teure Fehler

Das deutsche Erbrecht ist komplex, und dennoch machen viele Menschen Fehler, die im schlimmsten Fall zu teuren und langwierigen Streitigkeiten führen können. Wir räumen mit den größten Missverständnissen auf und geben praktische Tipps – für Erblasser wie auch für Erben.

1. Wer erbt, wenn es kein Testament gibt?

Viele glauben, dass der Ehepartner im Falle ihres Todes automatisch alleiniger Erbe wird. Das ist jedoch ein Trugschluss. Nach § 1924 BGB und den Regeln der gesetzlichen Erbfolge erbt der Ehepartner in der Regel nur die Hälfte, die andere Hälfte geht an die Kinder. Ohne klare testamentarische Regelungen kann dies zu Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft führen.

Perspektive eines Erben: Für Erben bedeutet dies oft Konflikte, z. B. über die Aufteilung eines gemeinsamen Hauses. Wenn keine testamentarische Regelung getroffen wurde, sind häufig teure Ausgleichszahlungen oder gar eine Zwangsversteigerung notwendig.

Tipp: Erblasser sollten in einem Testament klar festlegen, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll – etwa durch ein gemeinsames Testament für Ehepaare.

2. Wie legt man ein Testament aus?

Unklare oder ungenaue Formulierungen wie „Ich vermache meiner Tochter das Auto“ können große Probleme verursachen. Juristisch bedeutet „vermachen“ nämlich nicht „vererben“, sondern gewährt lediglich ein Vermächtnis. Ohne genaue Regelungen bleibt vieles unklar. Rechtsanwalt Friedrich Albrecht Lösener erklärt:

„Ein Testament muss nicht nur formal korrekt sein, sondern auch klar und eindeutig. Jede Unklarheit wird im Zweifel vor Gericht entschieden – oft mit unerwünschten Ergebnissen.“

Tipp: Testamente sollten stets von einem Anwalt oder Notar geprüft werden. Als Erbe haben Sie das Recht, die Auslegung eines unklaren Testaments durch das Nachlassgericht überprüfen zu lassen.

3. Ist nach der Scheidung mein Ex-Partner automatisch ausgeschlossen?

Ein häufiger Irrglaube ist, dass der geschiedene Partner keinen Anspruch mehr auf das Erbe hat. Das ist nur korrekt, wenn nach der Scheidung kein Testament vorliegt, in dem der Ex-Partner noch bedacht ist. Andernfalls bleibt die Verfügung wirksam.

Aus der Erben-Perspektive bedeutet das konkret: Für Kinder aus der Ehe oder andere Angehörige kann dies bedeuten, dass der Ex-Partner große Teile des Nachlasses erhält. Dies führt oft zu Konflikten und emotionalem Stress.

Tipp: Aktualisieren Sie Ihr Testament nach einer Scheidung sofort und benennen Sie einen neuen Alleinerben.

4. Werden Schenkungen zu Lebzeiten beim Erbe angerechnet?

Viele Eltern geben Kindern zu Lebzeiten größere Geldsummen oder Vermögenswerte und gehen davon aus, dass diese Schenkungen später automatisch mit dem Erbe verrechnet werden. Das ist jedoch nur der Fall, wenn dies ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde (§ 2050 BGB).

Perspektive eines Erben: Ohne klare Regelungen kann dies dazu führen, dass sich Geschwister benachteiligt fühlen, insbesondere wenn ein Elternteil einem Kind bereits große finanzielle Vorteile gewährt hat.

Tipp: Halten Sie Schenkungen schriftlich fest und regeln Sie deren Anrechnung auf das Erbe, um Streit zu vermeiden.

5. Gehören Lebensversicherungen zum Erbe?

Die Begünstigten einer Lebensversicherung erhalten die Versicherungssumme direkt – unabhängig von der Erbfolge. Dies kann zu Konflikten führen, insbesondere wenn der Begünstigte nicht mit den Erben übereinstimmt.

Tipp: Überprüfen Sie regelmäßig, wer als Begünstigter Ihrer Lebensversicherung eingetragen ist. Als Erbe sollten Sie wissen, dass diese Summe nicht automatisch in den Nachlass fällt.

6. Was sollten Erben beachten?

Für Erben ist es entscheidend, ihre Rechte und Pflichten zu kennen:

  • Erbe ausschlagen: Wenn der Nachlass überschuldet ist, haben Sie die Möglichkeit, das Erbe innerhalb von sechs Wochen auszuschlagen (§ 1944 BGB).
  • Pflichtteil einfordern: Pflichtteilsberechtigte, z. B. Kinder, haben das Recht, ihren Anteil aktiv einzufordern (§§ 2303 ff. BGB).
  • Nachlassverwaltung beantragen: Bei Unsicherheiten über die Vermögensverhältnisse des Erblassers kann eine Nachlassverwaltung sinnvoll sein.

Fazit: Gut geplant ist halb geerbt

Das Erbrecht bietet zahlreiche Fallstricke, die mit der richtigen Planung vermieden werden können. Erblasser sollten klare und juristisch einwandfreie Testamente erstellen. Erben wiederum sollten sich gut informieren, um ihre Rechte zu sichern und Streitigkeiten zu vermeiden.

Handlungsempfehlung: Lassen Sie sich von einem erfahrenen Anwalt oder Notar beraten, um teure Fehler zu vermeiden – sowohl als Erblasser als auch als Erbe.